Behandler und Autor: Marco Richter
Ausgangssituation
Eine Klientin, Anfang, 30, wird vorstellig, weil sie Angst vor Reisen und Veranstaltungen hat. Dies, obwohl sie gerne in den Urlaub fährt oder auf Konzerte geht.
Die Klientin beschreibt, dass nach der Buchung eines Urlaubes bereits Symptome auftreten. Sobald sie an den Urlaub denkt zittert ihr Körper, sie bekommt Durchfall, verspannt sich und hat das Gefühl einen Kloß im Hals zu haben. Zwar ist sie Urlaube in der Vergangenheit angetreten, die Symptome haben sie aber während des gesamten Aufenthaltes begleitet. Dies führte dazu, dass sie einen Urlaub nie genießen konnte.
Aus der Historie der Klientin geht ein sehr gespanntes Verhältnis zu den Eltern in der Adoleszenz hervor.
Die Klientin hat ihren Partner mit dem Geschenk einer Urlaubsreise überrascht. Bald merkte sie aber, dass die bekannten Symptome drohten sie von dieser Reise abzuhalten. Da die Reise nun unmittelbar bevorsteht, entscheidet sie sich für eine Hypnosetherapie bei uns in Bremen.
1. Hypnosesitzung
Der Klientin wird eine Hypnose Vorbereitung in Form eines Audios zur Verfügung gestellt, die sie mehrfach durchführt. Trotzdem ist die Klientin vor der ersten Sitzung sehr skeptisch, ob sie in einen hypnotischen Zustand gehen kann. Tatsächlich spricht die Klientin nach der Einleitung mit klarer Stimme und scheint in einer eher leichten Trance zu sein. Die Trancetiefe ist aber ausreichend, da sie sich recht schnell in einem Wald sieht. Es fließen Tränen, sie fühlt sich einsam und verlassen.
Rückführung (Hypnoanalyse)
An dieser Stelle leite ich die Rückführung ein, die sofort gelingt. Die Klientin erlebt 2 Situationen aus ihrem Leben, die aber nicht unbedingt ursächlich erscheinen. Ich führe daher weiter zurück.
Erlebte Situationen
Die Klientin erlebt sich mit 18 Jahren. Nach einem Streit mit den Eltern wird sie aus der elterlichen Wohnung geworfen. Sie fühlt sich heimatlos, verlassen und weiß in diesem Moment nicht, wo sie die Nacht verbringen soll.
Offensichtlich hat diese Situation zu dem unbewussten Gedanken geführt, dass ein Aufenthalt außerhalb der sicheren häuslichen Umgebung mit Gefahr verbunden ist.
Auflösung der Ursache
Ich lasse dissoziieren und die Situation von außen betrachten. Die Klientin sieht die junge Frau in dieser für sie so schrecklichen Situation.
Ich lasse dann in die Situation assoziieren. Die heutige Klientin kann der jungen Frau die Sicherheit geben, die sie damals gebraucht hätte. Damit verbunden ist das Gefühl, dass sie außerhalb der eigenen Wohnung ebenfalls sicher sein kann.
In einem weiteren Schritt erlebt die Klientin in der Trance eine Progression, in der sie sich am Urlaubsort erlebt. Dies zunächst mit einem angespannten Gefühl. Dieses lässt sich in der Progression aber auflösen. Somit erlebt die Klientin, wie sie in ihrem Hotel ist und die Zeit genießt.
Die Sitzung endet mit einer Metapher von einer Bärin, die erlebt, dass Veränderung möglich ist.
Nach der Sitzung fühlt sich die Klientin gut und entspannt. Sie sagt, dass sie froh sei die „Rausschmisssituation“ noch einmal bearbeitet zu haben.
Zum Abschluss der Sitzung erlernt die Klientin eine einfache Form der Selbsthypnose.
Dauer der Trance: 1:36 h
Befund zur 2. Sitzung
Die Klientin berichtet, dass sie keine Veränderungen in ihrem Denken und Gefühlen wahrnehmen konnte. Allerdings habe sie auch versucht, nicht an den Urlaub zu denken.
Ihr wurde aber von außen gespiegelt, dass sie entspannter wirke.
Die erlernte Selbsthypnose hat sie regelmäßig angewendet.
2. Hypnosesitzung
In dieser Sitzung geht die Klientin schnell in eine tiefere Trance. Sie erlebt sich in einem Raum mit grauen Wänden, an denen rote und weiße Zettel hängen. Ich suggeriere, dass die roten Zettel für ihre Angst verantwortlich sind. Sie entfernt und verbrennt die Zettel.
In einem weiteren Schritt arbeiten wir mit der Yager Therapie. Diese funktioniert gut, benötigt in der Trance aber viel Zeit, die wir uns nehmen.
Für eine abschließende Progression wird die Klientin in der Trance in ein Kino geführt. Hier erlebt sie einen Film, der von ihrem Urlaub handelt. Der Film beginnt am Flughafen, sie sieht sich dann beim Einchecken im Hotel und abschließend an der Poolbar.
Ich lasse in den Film assoziieren, so dass die Klientin die Situation erlebt, als wäre sie vor Ort. Als Gefühl nimmt sie Fröhlichkeit und Ausgelassenheit wahr.
Abschließend wird in der Trance eine Methode zur Psychosomatik angewandt, um die Durchfallproblematik zu behandeln.
Nach der Trance berichtet die Klientin, dass sie diese als sehr tief erlebt habe. In Teilen hatte sie das Gefühl zu schlafen und zu träumen.
Dauer der Trance: 2:09 h
Befund zur 3. Sitzung
Die Klientin berichtet, dass Gedanken an den Urlaub nach der letzten Sitzung eher neutral waren. Angstgefühle kamen nicht mehr auf, aber auch keine gesonderte Vorfreude. Sie sagt: „wie ich mich fühle, werde ich wohl erst wissen, wenn ich auf dem Weg zum Flughafen bin“.
3. Hypnosesitzung
Die Klientin braucht in dieser Sitzung etwas mehr Zeit, um in eine tiefere Trance zu gehen. Bilder sieht sie erst nicht. Diese kommen dann aber und sie erlebt sich in einem Haus, dass von außen eine rote Hütte ist. In diesem Haus sieht sie sich einer schwarzen Gestalt gegenüber. Ich suggeriere, dass diese verantwortlich für ihre Angst ist.
An dieser Stelle wird wieder mit der Yager Therapie gearbeitet, die gut funktioniert.
Anschließend erlebt die Klientin, dass sich die schwarze Gestalt aufgelöst hat.
Die Klientin wird dann aus dem Haus geführt und trifft in der Methode „Positiv/ Negativ Bild“ auf einen Menschen, der ihre Angst überwunden hat. Dieser Mensch gibt den Ratschlag, es einfach mal darauf ankommen zu lassen wie es ihr im Urlaub geht und Freude zuzulassen. Die Klientin erkennt in der Trance, dass dieser Ratschlag stimmig ist.
Dauer der Trance: 1:54 h
Die Klientin erscheint zu einer 4. Sitzung und berichtet, dass sie jetzt Vorfreude spüren könne. Angst und Durchfall hat sie nicht mehr erlebt. Es kamen noch immer skeptische Gedanken, ob sich diese Stimmungslage auch am Abreisetag hält.
In der 4. Sitzung wird erneut mit der Yager Therapie und einer Progression gearbeitet.
Abschließend mit der Methode „Ballons“, mit der alle Belastungen der Vergangenheit noch einmal als abgelegt und aufgelöst erlebt werden.
Die Klientin beendet die Therapie mit dieser Sitzung.
Therapieergebnis
Schriftlich informiert sie nach einigen Wochen, dass sie einen angstfreien und schönen Urlaub erlebt habe.
Nach ca. 1 Jahr meldet sich die Klientin erneut und berichtet, dass sie mittlerweile mehrere schöne Urlaube erlebt habe.
Eine Angst vor einem einzelnen Objekt oder Situation zählt zu den sogenannten „Spezifischen Phobien“.
Mehr zur Behandlung einer spezifischen Phobie durch Hypnosetherapie erfahren Sie hier
Hier berichtet Focus speziell über die Behandlung von Flugangst durch Hypnosetherapie